Es gibt Lektionen die einem das Leben ungefragt erteilt und so verhält es sich wohl auch mit meiner Hilfsbereitschaft… Ich lasse sie Menschen ungebeten und ungefragt zuteilwerden. Was mir bis zu dieser Woche nicht bewusst war. Man könnte meinen, das ist ja toll, da ist eine Frau die hilft ohne dass man sie darum bitte muss. So habe ich das auch gesehen. Aber mir ist anhand eines Ereignisses diese Woche klar geworden, dass es ganz schön gemein sein kann dies zu tun.
Ich war in einem Frauennetzwerk aktiv und mir hat eine Mitstreiterin einen Foliensatz vom Personalwesen unserer Firma zukommen lassen. Ich hatte ihn angeschaut und sie gefragt: „Geht es darum, dass hier wieder alles nur an Männer gerichtet ist?“ Sie meinte: „Oh ja“. Ich war also wieder in Aktionsmodus. Wie kann ich diese Ungerechtigkeit ausbügeln?!?! Ich empfand diese selbst nicht mal so, aber wegen meiner Teilnahme in dem Netzwerk, zu dem ich eh schon, wegen den ganzen anderen Dingen in meinem Leben, kaum was beitragen konnte, sah ich meine Chance, was zu tun. Ich bekam hier eine „Mission“ und habe diese angenommen. Man muss hier dazu sagen, es wurde nie explizit ausgesprochen, ich habe es einfach gemacht.
Mein Dilemma war, dass der Termin für den die Folien bereits am nächsten Tag stattfinden würde. Also sollte ich erstmal schauen, wie lange es dauern würden den Foliensatz im Wording zu neutralisieren. Ich arbeitete die Folien also um und brauchte dafür ca. 20 Minuten. Ich dachte, dass es also machbar wäre und schickte, ahnungslos wie ich manchmal bin, diesen Foliensatz als Idee mit einer formlosen Mail an die zwei Moderatorinnen los. Leider kam dieser angepasste Foliensatz bei den beiden Damen genau während des Vorbereitungsworkshops zum Termin an. Es stürzten sich also 5 Frauen als Hyänen auf meine sehr anmaßende Mail. Sie haben sich aufgeschaukelt, so berichtete mir eine der Kolleginnen später und sie hatten recht, ich wurde von keinem Menschen gebeten ihnen aufzuzeigen, wie sie ihren Job hätten besser machen können. Ich brachte sie in Bedrängnis, denn sie konnten die Folien ohne vorherigen Genehmigungslauf nicht mehr anpassen. Also standen sie nun dumm da. Was nun kam, war vielleicht weniger schön, denn sie sagten es ihrer Chefin und diese rief meinen Chef an, um sich zu erkundigen, was denn bei mir schieflaufen würde. Ich war natürlich sehr aufgebracht, als mich mein Chef diesbezüglich anrief und verstand null warum meine formlose Mail an zwei Kolleginnen in einer Eskalation endete. Ich sagte meinem Chef, dass ich darüber schalfen würde, aber ließ mich von dieser Zusage nicht davon abbringen die Damen telefonisch direkt im Anschluss zu kontaktieren. Das Telefonat war sehr nett, und als eine der Kolleginnen meine Motivation verstanden hatte, war sie super entspannt und meinte, dass es schon ein gutes hatte, da sie nie auf die Idee gekommen wären, dass sich Frauen von dem Foliensatz nicht angesprochen fühlen würden. Sie machten darum zumindest einen Disclaimer auf der ersten Seite drauf, dass der Foliensatz unabhängig von der Formulierung für alle gelte und auch im Termin selber wählten sie öfter die neutrale Formulierung oder beide Geschlechter.
Man könnte meinen: „Ende gut, alles gut“. Aber nein. Ich habe eine wichtige Lektion gelernt. Halte dich zurück bei „Hilfen“. Helfe nur wenn gebeten und dann vielleicht auch mir vorsichtigen Fragen, als fertigen Lösungen. Kein Mensch möchte das Gefühl haben nicht gut genug zu sein und von einer Witzfigur von außerhalb überboten zu werden. Vor allem in dieser sehr harten Zeit brauchen wir Erfolgserlebnisse und keine hochnäsigen Tussis, die uns ungefragt zeigen, wie es besser geht.
Meine Konsequenz: Ich habe das Frauennetzwerk „aus persönlichen Gründen“ verlassen, um keine impliziten Aufträge mehr zu bekommen. Und das ernüchternde war, dass keine einzige der Damen aus dem Netzwerk wenigstens gesagt hat: „Na Gott sei Dank sind wir Dich los.“ Die haben mich einfach geghostet… So viel zu Solidarität unter Frauen.