Ich bin eine seit über 4 Jahren getrennt lebende Mutter zweier Kinder. Und in dieser Zeit ist mir aufgefallen, dass unsere Art der Trennung sozial nicht akzeptiert ist, obwohl ich es für die einzig vertretbare Form der Trennung halte, wenn Kinder involviert sind. Denn alle verstehen es, wenn man sich nach der Trennung hasst und sich das Leben schwer macht, aber wenn man eine Familie bleibt und respektvoll miteinander umgeht, dann wird man hinterfragt, so als wäre da etwas nicht ganz okay. Als würde man nur allen was vorspielen. Und das finde ich sollte sich in unserer Gesellschaft ändern. Ich finde es sollte endlich genau andersrum sein, denn wir sind erwachsene Menschen, die ungefragt unsere Kinder in die Welt gebracht haben, also haben wir eine Verantwortung diesen kleinen/jungen Menschen gegenüber. Wir müssen für sie die Vernunft walten lassen und den Stolz schlucken können. Es schaffen fast alle sich vernünftig in der Arbeit zu benehmen, aber wenn es um Kinder geht, da ist es plötzlich nicht möglich. Andersrum wäre es vertretbarer, aber da gesellschaftlich keiner akzeptieren würde, wenn man sich wie ein Verrückter oder eine Irre in der Arbeit aufführt macht man es nicht. Darum brauchen wir diesen Mindset Change nun auch bei Trennungen. Das sind wir den Kindern und auch uns selbst schuldig.
Ich sage auch gleich dazu, dass ich von einem sehr luxuriösem Standpunkt aus berichte, denn meine Eltern haben mich dazu ermuntert zu studieren, und auch in einer Ehe mich finanziell unabhängig zu machen, so dass ich heute ein gutes Einkommen habe und diesen Schritt so gehen konnte, wie ich ihn gegangen bin.
Als ich am 2 Januar 2019 dem Vater meiner Kinder gesagt habe, dass es mit uns leider nicht weiter gehen kann, da mein Rücken mittlerweile so stark schmerzt, dass ich kaum aus dem Bett komme, hat er mich zwar sehr traurig angeschaut, aber verstanden, dass wir am Ende unserer Ehereise angekommen sind. Die Erleichterung darüber war bei mir so groß, dass meine extremen Rückenschmerzen, wie weggeblasen waren. Danach ging eine, wie ich sie nennen würde, blinde Aktionismus-Phase los, in der er versucht hat unsere Ehe evtl. doch noch zu retten, indem er Termine beim Paarberater und der Familienberatung ausgemacht hat. Der Paarberater war ein Scharlatan und hat ein Vermögen gekostet, aber dennoch schon mal die ersten richtigen Fragen gestellt. Die Familienberatung hat uns aber als Familie gerettet, denn die wichtigste Frage, die uns umgetrieben hatte war: „Wie können wir weiterhin Vollzeiteltern bleiben und die Familie erhalten?“ Dieser wundervolle Mensch, der uns von da an 3 Jahre lang als Berater begleitet hat, hat uns geholfen, ein für uns richtiges Lebensmodell zu finden und hat uns eine neutrale Dialogplattform geboten, so dass wir regelmäßig ins Gespräch kamen und uns tatsächlich das erste Mal überhaupt als Menschen kennen lernten. Er hat so viel Ruhe in unsere Gedankenflut gebracht, dass ich unsere Trennung unseren Kindern ca. 4 Monate später bei einem Abendessen verkünden konnte. Es hat sich als ein Gespräch nebenbei ergeben und sie haben sehr viele Fragen gestellt. Meine damals 5 jährige Tochter hörte genau zu und fragte dann nur: „Ihr wart also mit allem so beschäftigt, dass ihr die Liebe vergessen habt?“ und ja, das fasst es am besten zusammen. Ohne der Beratung hätte ich es vielleicht nicht so klar sehen können. Was mich bis heute verblüfft sind die Aussagen von Außenstehenden: „Ihr versteht euch so gut, ihr kommt bestimmt wieder zusammen.“ „Ach Kind, du bist so stur, du wirst noch einsehen, dass du einen Fehler gemacht hast und dann werdet ihr wieder zusammen kommen. Er ist so ein guter Mann.“ „Wie ihr hasst euch nicht? Das ist nicht normal.“ Meine Freundinnen hingegen, die sich nach der Trennung mit Geldproblemen, Abwesenheit der Väter, etc. rumschlagen müssen, bekommen nur Aussagen wie: „Das ist ja auch vollkommen normal, was anderes hätte ich nicht erwartet“. HÄ? Warum ist es normal das Leben seiner Kinder zu versauen, aber nicht normal im Interesse der Kinder zu handeln? Ich habe mich Dank Gwyneth Paltrow viel mit Concious Uncoupling beschäftigt und andere Trennungen von Schauspielerinnen verfolgt, die mit dem Vater ihrer Kinder auch nach der Trennung die riesige Wohnung teilten, damit beide weiterhin dem Kind eine Familie bieten konnten. Die Presse schimpfte und lästerte, aber in mir wuchs die Gewissheit, dieser Weg ist machbar.
Was waren aber die wesentlichen Ergebnisse der Beratung.
- Wir haben verstanden, dass wir ein Nestmodel für unsere Kinder wollen, d.h. kein Kofferpacken für die Kinder, sondern wir haben lieber unsere Sachen doppelt in zwei Wohnungen und pendeln. Sie sollen ein Zuhause behalten. Also haben wir nicht alles auseinander genommen, sondern haben und sogar noch eine zweite Wohnung gemeinsam gekauft und diese als unsere Singlewohnung eingerichtet, wo jeder sein eigenes Schlafzimmer hat und der Rest gemeinsam genutzt wird. Klar zeitliche Vereinbarungen und ein steter Dialog sind bei so einem Model wichtig. Neue Partnerschaften machen das zudem schwerer, aber bis diese in unser Leben kamen hatten wir fast 4 Jahre Zeit als Familie noch mehr zusammen zu wachsen.
- Wir haben gelernt und als Menschen zu respektieren und miteinander in ein Dialog zu kommen, wo auch schwierige Themen angesprochen werden können. Heute sind wir Freunde und Eltern. Wir tauschen uns aus, wo es notwendig ist und nehmen Dinge nicht so persönlich.
- Wir haben unsere finanzielle Situation gemeinsam bewertet und sie 50/50 aufgeteilt, denn wir haben unser Leben gemeinsam aufgebaut. Einer musste wegen der Kinder bei der Karriere zurück stecken, der andere hatte mehr Rücklage, etc. Diese wurden unter dem Gesichtspunkt betrachtet, dass wir beide daran beteiligt waren und der eine ohne dem anderen nicht die notwendigen Freiheiten gehabt hätte. Es wurde also kein Krieg, wo der Besserverdienende plötzlich seine Schäfchen ins Trockene bringen will, weil er ja als armer Mann so viel arbeiten musste, während die Frau ihrem spaßigen unterbezahlten Hobbyjob nachgegangen ist, sondern es wurde wie gesagt der 50/50 Ansatz beim aufteilen des Vermögens gemacht und zwar zum gemeinsam vereinbarten Stichtag der Trennung. Dann wurden die gemeinsamen laufenden Kosten für die Wohnungen und die Kinder, Versicherungen, etc. ermittelt und ein gemeinsames Konto eingerichtet von dem diese bezahlt werden. Die Deckung des Kontos wurde prozentual anhand der Höhe unseres Einkommens bestimmt und seither regelmäßig angepasst. Damit tragen wir in unseren Augen fair die finanzielle Verantwortung, die wir als Eltern nun mal haben. Wir sehen uns nicht als Blutsauger, Schmarotzer oder andere unschöne Dinge, die ich so bei Trennungen höre, sondern als Vater und Mutter unserer Kinder, die einen Respektvollen Umgang verdient haben.
- Seit einem halben Jahr nun haben wir beide neue Partner. Das macht das Ganze interessanter, da nun Patchwork ins Spiel kommt. Mir war es wichtig zusammen mit der neuen Partnerin und meinen Kindern zusammen Zeit zu verbringen, damit alle Beteiligten sehen, dass es okay ist, dass der Papa eine neue Freundin hat. Mein Partner ist noch nicht so weit, aber die Kinder wissen, dass es ihn gibt und alle respektieren auch das. Wie sich das weiterentwickelt und wie unsere Wohnsituation damit werden wird, das weiß ich nicht, aber ich kann sicher darauf vertrauen, dass wir weiterhin im Interesse der Familie und der Kinder handeln werden.
Ich wünsche allen Paaren eine bewusste Trennung als Paar und ein Bleiben als Familie, damit unsere Kinder in einer für sie stabilen Welt heranwachen können und wir als Erwachsene endlich mal Verantwortung für unser Handeln übernehmen und es nicht auf die Kinder abwälzen mit unseren Problem klar zu kommen.